Heute möchte ich Ihnen gern erzählen, wie es überhaupt zu meinem Projekt “Glücklich werden in jeder Kleidergröße” gekommen ist.
Anfangs war meine Webseite noch ganz allgemein auf die Frage “Wie werde ich glücklich” zugeschnitten. Aber in dieser Zeit häuften sich die Situationen, in denen mir klar wurde, dass ich als Übergewichtige ständig überall in die gleiche Schublade gesteckt wurde.
Das machte mich hilflos und sauer zugleich!
Egal welche Fitness-Studio-Werbung ich sah, es ging immer nur ums Schlank sein oder werden. Im Radio lief Almased von früh bis spät.
Wenn ich zum Laufen ging, fragte ich mich ständig, ob das viel zu enge Shirt (finden Sie mal ein Sportshirt für Speckrollen!) denn keiner öffentlichen Zensur unterliegen würde. Diese Erfahrung war die Initialzündung für mein erstes Video und die größte Überwindung meines Lebens und führte überhaupt erst zu dieser ganzen Webseite hier. Da ging es mir jedoch noch vorrangig um das Überwinden persönlicher Grenzen, nicht das Thema Übergewicht im Speziellen. Das änderte sich aber schnell, denn:
Wenn ich in Diskussionen und Fachartikeln zur psychologischen Beratung oder Hypnose von Übergewicht hörte oder las, ging es grundsätzlich nur um Ursachen und Beseitigung, nie aber um Akzeptanz des aktuellen Seins.
Als mein Mann und ich in einem sehr anstrengenden und belastenden Erziehungsthema mit unserer Tochter Hilfe suchten, landeten wir von Anfang an in der Schublade “dick=gefräßig und blöd” und kamen dort nicht wieder hinaus, obwohl wir ganz andere Dinge erzählten als im anschließenden Bericht zu lesen waren.
Wenn ich meinen Kindern gegenüber versuche, gesundes Vorbild zu sein und ihnen Verantwortung und bewusste Ernährung beizubringen, wie ich es selbst nicht gelernt habe, passieren grundsätzlich zwei Dinge:
- viele reagieren mit Unverständnis wie wir nur den “armen Kindern” allen Spaß vorenthalten können. Sie kriegen Süßigkeiten von allen Seiten nahezu reingezwungen
- wenn wir dann doch einmal nachgebend sind und ihnen – seltenerweise – irgendeine Nascherei erlauben, kommt garantiert jemand um die Ecke, der/die uns wieder in die “Aha, ist ja typisch”-Schublade steckt
Zum Mc Donalds, auf dessen Essen ich schon seit Jahren nicht mehr stehe, fahre ich nur um mir ab und an im Mc Drive einen Latte Macchiato zu holen. Aber ich habe selbst dabei Angst, jemand könnte mich sehen und wieder falsch einordnen.
Kurz nach meinem Halbmarathon sprachen mich mehrere Nachbarn an, ob ich wieder schwanger sei. Das besonders Peinliche an diesem Moment ist ja der für sie selbst, wenn die Antwort lautet “Nein, alles fett!”
Wenn ich dann solche Erlebnisse schlanken Mama’s erzähle, höre ich mir oft ihre Aktivitäten in Fitness-Studio’s oder sonst wo an. So als ob es eine so einfache Antwort gäbe!
Ich hatte nach dem Lauf zwei Kilo mehr als vorher. Mittlerweile wurde herausgefunden, dass meine Schilddrüse nicht in Ordnung ist, sie ist deutlich größer als normal und voller Knoten (nicht einmal das Szintigramm konnte beantworten ob kalt oder heiß). Es wurde weder eine Unter- oder Überfunktion noch Hashimoto festgestellt. Keine Ahnung was da los ist. Aber um das geht es ja auch gar nicht.
Als ich zwischenzeitlich darüber nachdachte, mir wieder einen gut bezahlten Vertriebsjob zu suchen, um meine Praxisgründung besser vorzufinanzieren, schaute der Vertriebsleiter schon sehr angewidert als ich nur aus dem Auto stieg. Nachdem ich bei der “Kaffee mit Zucker?”-Frage verneinte, guckte er mich überrascht an und sagte “Jetzt haben Sie wieder ein paar Punkte gut gemacht!”
WIE BITTE?!
Einige Mütter aus Kindergarten und Schule behandeln mich erst seit dem mit Respekt, seit dem sie wissen, was ich beruflich mache! Vorher war ihnen mein “Guten Morgen” nicht mal eine Antwort wert!
Merken Sie was hier los ist?
Alles aber auch ALLES dreht sich um dieses verdammte Gewicht!
Wenn ich andere Mama’s treffe, will ich nicht über mein Gewicht sprechen, sondern über die Dinge in unserer Welt, über tolle Doku’s, interessante Geschichten, erfolgreiche Unternehmer, notfalls über unsere Kinder – aber NICHT ÜBERS GEWICHT!
Wenn ich Sport mache, möchte ich darüber nachdenken, was mir möglich ist, was ich schaffen möchte und kann – und nicht wie ich dabei aussehe!
Wenn ich im Kindergarten darum bitte, den Tee für die Kinder doch bitte nicht zu süßen, mag ich nicht unterschwellig hören, dass die die es geben ja kein Problem mit dem Gewicht haben!
Und wenn ich gerade – selbständig und in einem Alltag mit drei kleinen Kindern – mal nur ungeschminkt in Schlabberhose und Latschen zum Rewe fahre, um etwas nachzukaufen, mag ich nicht von der High Society so angewidert angesehen werden, als wäre ich ein tödlich ansteckender Ebola-Träger!
Glücklich werden in jeder Kleidergröße
Besteht denn mein ganzes Leben nur aus meiner Wampe??
Natürlich möchte ich auch viel lieber schlank sein und tue einiges dafür.
Aber ich habe absolut keinen Bock mehr, nur auf mein Gewicht reduziert zu werden!
Viele meiner Klientinnen trauen sich kein bisschen mehr vor die Tür, haben ihr soziales Leben beendet und befinden sich in Psychotherapie, weil sie täglich aufs Neue erleben, dass man sie nur auf ihr Gewicht reduziert!
Kein Wunder, dass sie da gar nicht auf die Idee kommen, sich um das Glück in ihrem Leben vielseitig zu kümmern. Denn das einzige Lebensziel besteht aus Abnehmen!
“Wenn ich erst mal abgenommen habe, dann …”
Das Leben findet JETZT statt meine Lieben!
Natürlich ist auch gesunde Ernährung mal ein Thema. Aber sicher keine Diäten!
Bestimmt werde ich auch mal das Thema “In die Bewegung kommen” aufgreifen. Aber mit dem Ziel gesund und glücklich zu werden, nicht um eine Pseudonorm zu erreichen!
Lassen Sie uns an Ihrem glücklichen Leben arbeiten und das Gewicht dahin rücken wo es hingehört: in eine sekundäre Nebenrolle!
Sie haben mehr drauf als Gewicht 😉 !
Motivierende Grüße von Ihrem Egocoach
Tanja Falge
Hallo Tanja,
ich bin zwar ein Mann und habe kein Übergewicht. aber deine Probleme kommen mir trotzdem sehr bekannt vor. Es sind die Vorurteile unserer Mitmenschen, pauschalisierte Vorgehensweisen und schematische Abwicklung von Prozessen, ohne sich auf den MENSCHEN der da vor einem steht auch nur ansatzweise einzugehen. Wir leben JETZT – das ist die schönste Aussage auf die du es bringst und wir müssen mit dem IStzustand klar kommen, egal wie sich dieser auch darstellt.
Die meisten von uns tragen Wunden aus diesem und früheren Leben mit sich, die sich auch in körperlichen Zuständen, meist in Form von Krankheit, manifestieren. Und oft sind diese nicht nach aussen sichtbar. Jeder sollte sich selbst beobachten, ob er nicht auch gelegentlich genau so handelt und seinen eigenen Vorurteilen erliegt.
Und das einzigst wirklich wirksame MIttel, ist es sich auf sich Selbst zu besinnen und sich nicht von der Meinung andere abhängig zu machen. Was uns leider nicht davor bewahrt, im Alltag immer wieder genau damit konfrontiert zu werden. Und hier hilft nur eines – den anderen zu verzeihen, denn sie wissen es noch nicht anders. Und genau dieses Verzeihen befreit dann uns selber. Aber wir müssen uns auch selber verzeihen, wenn wir uns selber dabei ertappen, das wir selbst nicht anders gehandelt oder gedacht haben. Und erst wenn wir alles drei erreichen, uns selbst zu bessern, uns selbst zu verzeihen und den Anderen, erst dann erfolgt Heilung im Innen und Aussen.
Ich wünsche dir viel Glück und behalte deinen Humor. Schöner Beitrag.
Enno
Hallo Enno,
tolle und sehr weise Worte, hab mich beim Lesen total darüber gefreut :-)!
Stimme absolut mit Deiner Haltung überein, Verzeihen ist ein so wichtiges und befreiendes Thema.
Vielen Dank für diesen Beitrag und herzliche Grüße
Tanja